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Etappenlog Atlantik/Karibik 2016/17

Logbuch Etappe 31:
Atlantik 2017: Passage Bermuda - Azoren

von St. George Harbour, Bermuda nach Horta, Azoren 

(19.05.2017 - 06.06.2017), Anzahl Tageseinträge: 19

Die lange Transatlantikpassage von den Bermuda-Inseln zu den Azoren-Inseln ist bekanntlich wettermässig eine schwierige Passage und war auch für uns anspruchsvoll: von kein-Wind zu Starkwind gegenan. Wir freuten uns sehr auf die Ankunft in Europa.


Flaches glänzendes Meer, wie es doch eher selten zu sehen ist, im Bermuda-Hoch

St. George Harbour, Bermuda - auf See, sm.

Wetter: Sonnig, ENE 1 – S 2.

«Lossegeln»

Wir warteten gespannt auf den Bericht unserer «Wetterfee.» Aber er kam nicht zur geplanten Zeit. Auch eine Stunde später war noch nichts da. So wurde per email nachgefragt. Anscheinend war sie heute nicht da. Aber die Antwort kam schnell von einem anderen Meteorologen, sie haben noch das neueste Modell runtergeladen, und wir bekamen das ok zum Abfahren. Wir fuhren schnell mit dem Dinghi zum Zoll zum Ausklarieren und kauften im Laden noch ein paar Kleinigkeiten.
Zurück an Bord wurde das Dinghi ausgewassert, die Luft rausgelassen und an Deck festgezurrt. Unser Anker-Nachbar, ein Amerikaner, hatte uns gestern gesagt, dass es gegen 10.30 Uhr zollfreien Diesel an der Mole gebe. Er hatten schon nach 9 Uhr den Anker gehoben und war zur Mole gefahren. Wir waren dann pünktlich um 10.30 Uhr auch dort, mussten aber noch auf den Tanklastwagen warten, zusammen mit drei anderen Segelbooten. Das entsprechende Formular hatten wir am Zoll bekommen. Dann wurden alle Boote nacheinander mit Diesel gefüllt. Wir waren die letzten und mussten danach gleich ablegen, weil der Platz für ein Kreuzfahrtschiff oder so gebraucht wurde. Das Ruder des Windpiloten setzten wir dann noch in der Bucht treibend ein und dann fuhren auch wir los.
Wir waren noch immer im Bermudahoch und mussten motoren. Und das sollte für die nächsten 21 Stunden so bleiben.


Eine der vielen vermeintlichen «Plastik-Flaschen»: wunderschöne Segel-Quallen, trafen wir unterwegs auf der Atlantikpassage sehr häufig an.

auf See - auf See, sm.

Wetter: Sonnig, W 1-2.

Schluss mit Motoren

Die ganze Nacht mussten wir unter Motor fahren. Der Wind drehte und war sehr schwach. Die Nacht war dunkel, der Mond ging erst gegen Morgen auf.
Vom englischen Katamaran, mit denen wir am Abend noch per Funk geschwatzt hatten, war nichts mehr zu sehen. Bermuda Radio war auch nach 100 sm immer noch klar zu hören.
Am Vormittag war der Wind endlich stabil von NNE und die Segel konnten gesetzt werden.
Unterwegs sahen wir immer wieder PET-Flaschen schwimmen, und wir regten uns fast etwas auf. Beim Nähergucken mit Feldstecher und mit dem Fotoapparat konnten wir allerdings feststellen, dass das keine PET-Flaschen oder ähnlicher Abfall war, sondern Quallen, die wie wir segeln, sie haben eine Blase auf der Oberfläche und werden so vom Wind vorwärts getrieben. Viele sind rosa, andere sind blau. Später haben wir herausgefunden, dass das Portugiesische Galeeren sind.
Dann ging der Wind wieder weg, der Motor wieder an, bis wir dann am Nachmittag endlich den stabilen Wind getroffen haben. Jetzt wurde der Gennaker hochgezogen und wir kamen gut voran. Eigentlich schade, zur Nacht das grosse Tuch wie üblich wieder wegnehmen zu müssen, fanden wir. Doch dann frischte der Wind auf und die Entscheidung war klar. Wir segelten unter Genua Reff 1 in die Nacht.
Es war weit und breit kein Schiff zu sehen.


Toni, beim Nachtessen. Volles Oelzeugs und ohne Tisch wegen den Wellen

auf See - auf See, sm.

Wetter: Zuerst W2, dann W4, N4-5, NE5, sonnig, später bedeckt.

Plötzlicher Winddreher

Anfangs Nacht war es sehr schaukelig. So war das Schlafen wieder mal sehr schwierig. Der Sternenhimmel war schön. Ein Frachter fuhr weit weg hinter uns durch. Ansonsten war ausser Wellen und Meeresleuchten, Sternen und gegen Morgen der abnehmende Mond nichts zu sehen. Regina fuhr ruhiger und die Freiwache konnte wieder besser schlafen. Der/die Wachhabende sass im Cockpit und las, oder schaute die Sterne an.
Am Morgen war die Luft schon deutlich frischer. Das bedeutete: lange Hosen und eine Jacke. Doch an der Sonne war es angenehm und im Boot war es noch über 20 Grad. Bei WNW-Wind kam der Wind zwischen 120 und 150 Grad von achtern, das bedeutet, Regina fährt nicht so schnell. Der Funk von Bermudaradio war zwischendurch noch immer zu hören, auch bei über 250 sm Distanz.
Am Nachmittag kamen immer mehr Wolken und dann drehte der Wind schlagartig um 90 Grad. Der Windpilot steuert immer brav seinen eingestellten Kurs und wir fuhren plötzlich anstatt nach E nach S, fast ohne etwas zu merken, einzig die Wolken standen an einem anderen Ort. Es frischte auch auf und es regnete kurz. Die Wellenberge wuchsen auf 2-3m an.


Bei Windstärke 5 gibt es doch ab und zu Wellen, die höher sind und Regina auch zum Schaukeln bringen

auf See - auf See, sm.

Wetter: NE4, später N5, in der Nacht bis N1, meist sonnig.

Es wird kühler

Nachts fuhr Regina ruhig, das Schlafen klappte gut. Wir hatten wieder NE-Wind und setzten am Morgen das Gross wieder, allerdings in Reff 4. Das Sonnendach wurde weggeklappt, weil es jetzt nicht mehr gebraucht wird. Wir sind jetzt froh, wenn die Sonne etwas wärmt.
Es wird meistens Mittag, bis alle ausgeschlafen haben, da wir ja im 4 Stundenrhythmus leben. Nach dem Zmittag gibt es noch abwechselnd eine kurze Siesta und am Nachmittag sind wir beide im Cockpit. Beschäftigt sind wir mit Lesen, Wind- und Segelbeobachten und Trimmen, den Wellen zuschauen, Mahlzeiten zubereiten, Abwaschen usw. Viel zu tun gibt es sonst nicht.


Wieder flaches Wasser und Sonne, Elisabeth studiert den Revierführer der Azoren

auf See - auf See, sm.

Wetter: Meist NE 1, viel Wolken, auch Sonne.

Mitten im Hoch

In der Nacht schlief der NE-Wind vollends ein bzw. blies noch mit 3-5 kn, aber bei dieser Dünung war da nicht ans Segeln zu denken. Mit Motor ging es weiter, in der Hoffnung, bald auf den ersehnten Westwind zu treffen. Zwischendurch wurde es nochmals versucht, das Segeln, aber nach einer Stunde und 1.5 sm Distanz durfte der Motor wieder dran.
Ubers Iridium bekamen wir den aktuellen Wetterbericht mit Wetterberatung. Eher frustrierend: Wir stecken mitten im Hoch und können nicht ausweichen. Wir werden bis Mittwochmorgen in der Flaute schaukeln oder motoren, dann kommt allmählich der SW- und W-Wind mit den Tiefs im Norden, der Wetterberater schreibt allerdings ohne Regen und Gewitter für uns.
Weil die Wellen auch fast weg waren, Regina nur sanft schaukelte, machten wir, was wir noch nie gemacht hatten: wir gönnten uns eine warme Dusche unter Deck während der Fahrt. Warmes Wasser hatten wir mit dem Motorbetrieb ja genug. Herrlich!
Und im sonnigen Cockpit konnten wir uns auch mit unserem Ziel, mit den Azoren, etwas beschäftigen, die Seekarte und das entsprechende Pilotbuch hatten wir an Bord.


Auf der Wache hat man genügend Zeit und Musse, um zu lesen. Wir haben etwa 800 Bücher auf dem e-Reader Tolino bzw. in der calibre-Bibliothek.

auf See - auf See, sm.

Wetter: SW4, sonnig.

Wir segeln wieder

Es geht uns gut! Wir haben einen Rhythmus gefunden, es lässt sich so gut aushalten. Elisabeth geht um 10h Schlafen, Toni hat Wache bis 2 Uhr zum Wechsel, um 6 Uhr umgekehrt, Toni kommt wieder zur Wache und Elisabeth schläft bis etwa 10 Uhr, dann gibt es gemeinsames Frühstück, anschliessend geht Toni schlafen, bis er von alleine aufwacht, so gegen 2 oder 3 Uhr. Dann ist wieder Zeit zum Essen (Zmittag: Resten vom Znacht als Salat oder aufgewärmt oder Sandwich) und Kaffee. Am Nachmittag nimmt die eine oder der andere noch eine Siesta. Gegen 8 Uhr gibt es dann Znacht, und bald beginnt der 4-Stunden-Zyklus wieder. Aktuell ist der Sonnenaufgang um 8:30 und der Sonnenuntergang um 22:45, und wir leben mit der UTC-Zeit. Da wir gegen Osten fahren, kommt der Sonnenauf- und untergang immer etwas früher.
Wir konnten heute Morgen gegen 2 Uhr den Motor ausschalten. Zwar war der Wind noch etwas schwach und drehend, aber wir bewegten uns auch unter Segel vorwärts. Dann, so nach Sonnenaufgang kam er dann so richtig mit 4 bf von Süden und wir hatten endlich schönen Halbwind-Speed, gegen Mittag beständig zwischen 6-7 Knoten herrlich!
Der Wind drehte etwas mehr gegen SW, d.h. mit der nötigen Kurskorrektur am Windpiloten segelten wir so räumlicher, aber noch nicht Vorwind. Und mit der Regina hiess das auch etwas langsamer. Gennaker oder Parasailor wären ideal, aber für das hatte es uns wieder zu viel Wind.
Wir hatten «fast» eine Kollision mit einem Tanker. Mit etwa 2 Meilen Distanz kreuzten wir den 230m langen Tanker, der mit 12 kn nach New York fuhr. Es ist spannend, wieder einmal ein Lebenszeichen der Zivilisation zu sehen.
Am Abend wurden wir beglückt von einer grossen Delphin-Familie, die uns sehr lange begleiteten und wild um den Bug sprangen, teilweise höher als unser Anker und Bugspriet.


Gestriger Abend nach dem Sonnenuntergang, unterwegs von Bermuda nach Azoren

auf See - auf See, sm.

Wetter: W5, später W5-6, sonnig.

Nachtübung, dann langweilig

In der Nacht frischte der Wind auf über 20 Knoten auf. Die volle Genua musste gerefft werden. Das war kein Problem, das erste Reff war schnell gemacht, aber Segel, Wellen und Windpilot arbeiteten nicht mehr zusammen. So musste bei Böen mit dem Steuerrad nachgeholfen werden. Die Fahrt wurde ruppig und der Skipper konnte unten im Salon nicht mehr so bequem liegen und schlafen. Bei Wachwechsel wurde auch das Grosssegel nochmals gerefft, der Windpilot neu eingestellt und es ging ruhiger weiter, aber trotzdem mit schneller Fahrt.
Die Sonne wärmt tagsüber, nachts ist es kühler und vor allem auch feuchter. Das Kochen wird bei diesen Wellen, und bei diesem Wind zur Akrobatikübung.
Wir erhielten nochmals einen Wetterbericht. Am Samstag kommt eine Kaltfront durch mit Wolken und Regen, aber keine stürmische Winde. Und ab Mittwoch werden wir in Flauten stecken bleiben. Nun, bis dann ändert sich das Wetter vielleicht zu unseren Gunsten.
An diesem relativ ruhigen Segeltag passierte sonst nichts, nicht einmal ein Bild wurde gemacht, so ist hier halt eines von gestern abgebildet.


Die Genua wird mit dem Spibaum ausgebaumt als Ersatz für sogenannte Passatsegel, damit kann man etwas mehr vor dem Wind fahren, ohne dass die Segel herumschlagen

auf See - auf See, sm.

Wetter: W5, später WNW3-4, bedeckt, manchmal sonnig.

Einfach geradeaus

Wieder um 2 Uhr beim Wachwechsel gab es ein nächtliches Manöver: Wir mussten eine Halse machen und reffen. Das ist einfacher zu zweit. Nachdem der Windpilot wieder für den neuen Kurs eingestellt war, durfte Toni schlafen gehen und Elisabeth wachte über das Schiff und die Umgebung.
Am Nachmittag wurde die Genua mit dem Spibaum ausgebaumt, damit wir besser auf Vorwind konnten. Das stärkere Rollen des Bootes macht es aber nicht einfacher.
Anfangs Nacht war der Himmel noch klar, später war kein einziger Stern mehr zu sehen und es war so ohne Mond stockdunkel.


Noch vor der Kaltfront im Hoch: Sonne und blauer Himmel, der Windfahnenpilot ist der einzige, der arbeitet.

auf See - auf See, sm.

Wetter: W4, später WSW6, bedeckt, manchmal auch Sonne, später grau und trüb.

Durch die Kaltfront

Die Nacht war holprig, der Schlaf entsprechend nicht so gut.
Nach dem Zmorge musste wieder gehalst werden. Der Himmel war wolkenverhangen und in der Ferne schien es zu regnen. Die Halse dauerte eine ganze Stunde! Der Wind hatte aufgefrischt auf über 20 Knoten, die Wellen kamen mit bis über 3 m von achtern. Zuerst wurde genau überlegt, was der Reihe nach gemacht werden sollte. Zuerst Spibaum aushängen, Topnant und Baumniederholer umhängen, die Blisterschot, die den Baum fixiert von steuerbord nach backbord umhängen , Genua einrollen, halsen, wieder ausrollen und alles wieder montieren. Zuletzt wurde der abgestellte Windpilot wieder eingestellt. Das alles dauerte. Als wir fertig waren, hatten sich die Wolken verzogen und die Sonne wärmte wieder, so konnte alles von der feuchten Nacht (ohne Regen) wieder trocknen.
Eine Atlantiküberquerung ist eindeutig kein Züriseesegeln!
Am Nachmittag kam die angekündigte Kaltfront mit viel Wind bis zu 30 Knoten. Zuerst sah man schon länger das Barometer fallen. Es hatte viele tiefe Wolken, die wie leichte Nebelfetzen schnell erstanden und wieder verschwanden. Eine unangenehme Dünung aus NW (also querab) brachte die Regina unangenehm zum Rollen. Die Sonne wurde später verdeckt durch tiefe und später auch durch hohe Schichtwolken, der Wind wurde ganz langsam immer stärker. Es war grau und trüb und feucht. Die Sichtweite reduzierte sich auf etwa 2 Meilen oder noch weniger. Und dann kamen die Böen, immer wieder gegen 30 kn, und damit verbunden auch die hohen Wellen. Hoffentlich dauert das nicht durch die ganze Nacht hindurch.
Am späteren Abend wurde der Wind gleichmässiger (um die 20kn, 5-6bf) und die Wellenberge etwas kleiner. Kurz vor dem Wachwechsel um 22 Uhr nahmen wir noch den Spibaum vom ausgebaumten Genua weg, und refften die Genua für die Nacht ins 2. Reff (ohne Grosssegel).


Blick aus dem Cockpit nach achtern zu den hohen Wellen: die Schweiz ist schon recht malträtiert, muss wahrscheinlich nächstens ausgewechselt werden

auf See - auf See, sm.

Wetter: In der Nacht noch WSW6, tagsüber mal etwas weniger, am Abend wieder WSW5-6, aber grau ohne blau.

Streckenmitte: Leben auf dem grossen Ozean

In dieser Nacht konnte nicht gelesen werden. Mit einem spannenden Krimi wäre die 4 Stundenwache schnell vorbei. Diesmal musste der Kurs im Auge behalten werden, die Wache musste sich am Boot festhalten, der Windpilot brauchte in der ersten Nachthälfte in den Böen und hohen Wellen zwischendurch immer wieder Unterstützung. Zum Glück war der Spibaum weg.
Und dann kam der blinde Passagier. Oder was war das? Das Echolot zeigte plötzlich etwas an, auf 2,3 – 5 m schwamm irgendwer unter unserem Boot mit. Die Wassertiefe beträgt hier bis zu 5000m. Schon etwas unheimlich. Was, wenn dieser Fisch plötzlich das Bedürfnis hatte, seinen Rücken zu kratzen?? Aber immer wieder verschwand das «Ungeheuer», um dann wieder herzukommen. So ging das die ganze Nacht. Neben dem Boot sah man nichts.
Zwei deutsche Segelboote hörten wir in der Nähe, endlich waren wir nicht mehr so alleine hier. Eines der Boote sahen wir später sogar. Gegen Morgen nieselte es.
Am Morgen wurde es geradezu sanft, noch 3 oder 4 bf Wind liess uns die Genua ausreffen und das Gross wieder setzen. Zwar kam gegen Mittag der Wind wieder, und die Segelfläche musste wieder reduziert werden. Tagsüber war es grau und ereignislos. Allerdings: die Hälfte der Strecke war geschafft und wurde mit einem Extradessert, einer Vanillecreme mit Ananas und Biscuit gefeiert. Jetzt geht es nur noch bergab!
Am späteren Nachmittag hatten wir kurzen Besuch von Delphinen. Sind das unsere blinden Passagiere, denn das Echolot zeigt immer noch etwas an? Und noch etwas später tauchte ein grosser Wal gerade neben uns auf, Elisabeth hörte und sah das riesige Tier. Sehr eindrücklich.
Heute waren wir dauernd schnell unterwegs, kein Wunder bei diesem Wind (um die 20 kn, manchmal mehr), die Wellen waren zwar hoch, etwa 2.4-3m, aber langgezogen. So kamen wir heute ziemlich weit.


Sonniges Wetter bis zum Horizont, bald aber auch wieder bedeckt, unterwegs auf der Atlantikpassage 2017

auf See - auf See, sm.

Wetter: Meist WSW 5, am Nachmittag wieder einmal Sonne.

Kollisionskurs in der Mitte des Atlantiks

Die Nacht war sehr dunkel, nass und kühl, nicht so gemütlich. Erst gegen Morgen konnten wir einige Sterne sehen.
Ein Frachter, unterwegs nach Rotterdam, wich uns aus, seine Kurskorrektur konnten wir schön am AIS sehen. Allerdings ist es immer noch besonders, wenn eine halbe Meile entfernt ein riesiger Frachter vorbeizieht, hier mitten im Atlantik, vorher auf Kollisionskurs. Und den Frachter konnte man in der dunstigen und trüben Nacht erst auf etwa 4 sm Distanz sehen, im AIS auf etwa 10 sm Distanz.
Wie schön, dass die Sonne sich am späteren Vormittag zeigte und dann den ganzen Tag über blieb. Sonst gab es nichts Spezielles zu sehen, ausser einer Schildkröte, die im blauen Wasser schwamm. Hatte sie sich verirrt? Normalerweise waren die Schildkröten in den Ankerbuchten oder im Hafen, wo es nicht so tief war.
Der Wind war den ganzen Tag über konstant, gegen 20 Knoten und mehr, so ging es gut voran. Die Wellen allerdings waren zwischendurch extrem unangenehm, vor allem hatten wir eine Zeit lang eine zusätzliche Dünung aus W (wahrscheinlich von der vom Wetterberater angesagte schwachen Kaltfront hinter uns).
Übrigens, wir mögen uns schwach erinnern, dass wir genau vor einem Jahr in Zürich abgereist sind.


Als Trost im garstigen Wetter nahm Elisabeth den Backofen in Betrieb: Auflauf und frische Brote mitten im Atlantik

auf See - auf See, sm.

Wetter: Nachts noch WSW4 und 5, später W3 und tagsüber N3 und noch weniger, nachts wieder NNE5 und mehr, keine Sonne.

Nächtlicher Kampf der Elemente

Der erste Teil der Nacht ging ganz gut, schnell und flott unterwegs. Aber in der zweiten Nachthälfte nahm der Wind ab, und wir hatten bei 3bf Wind Wellen der Stärke 5 und 6 um uns. Da schaukelte Regina grausam, alles was nicht niet- und nagelfest versorgt war, wurde herumgeworfen, inkl. derjenige der eigentlich schlafen sollte. Zusätzlich der Lärm, wenn das Geschirr im Schrank hin-und her polterte und das Wasser im Tank unter der Matratze gurgelte und an die Tankwand krachte. Dazu schlugen die Segel im Takt der Wellen, der Grossbaum schwang hin und her und schlug immer wieder in den Travellerblock. Draussen war es stockdunkel, kein Stern und kein Mond, feucht vom Tau und Salzwasser, noch 16°C, so richtig Weltuntergangsstimmung. Wir verwünschten den Atlantik und träumten vom 10stündigen Tiefschlaf im Bett zu Hause.
Gegen Mittag verliess uns der Wind vollständig. Nach zwei Stunden motoren (auch gut für das Laden der Batterien und für Warmwasser) wurden die Wellen sanfter und es gab vorsichtig etwa 6 kn Wind von NE. Wir versuchten es nochmals mit Segeln, und es funktionierte, wenn auch langsam. Wir waren offensichtlich in einer «spannenden» Wetterzone, das Tief im Süden und das Hoch im Norden, normalerweise ist es umgekehrt und man hat hier SW-Wind. So segelten wir halt am-Wind, mit den jetzt sanfteren Wellen ging das ja recht gut.
Mehrere Mal tümmelten sich einige Tümmler um unser Boot. Aber sie verschwanden bald wieder, wahrscheinlich, weil unser Speed für sie zu langweilig war.
Der Wind wurde langsam etwas stärker, irgendwann mussten wir reffen. Und der Wind drehte sich immer mehr nach Osten, d.h. unser Kurs wurde immer südlicher. Um Mitternacht rief der wachhabende Toni die schlafende Elisabeth an Deck. Der Wind war mittlerweile in Böen 6bf. Nach kurzer Beratung wurde beschlossen, eine Wende zu machen und nach Nordosten weiterzusegeln, dort müsste ja das Hoch zu erwarten sein mit etwas weniger Wind. Das Segeln nach der Wende war aber äusserst anstrengend, im Stockdunkeln und gegen 2-3m hohe Wellen und hart gegen den Wind. Und dann begann es auch noch zu regnen.


Toni auf dem Vordeck, das Dinghi hat sich etwas gelöst und muss satter festgezurrt werden.

auf See - auf See, sm.

Wetter: ENE 5 und 6, keine Sonne, Regen und sonst feucht, am Nachmittag noch NE 4-5, etwas Sonne.

Beiliegend in der stürmischen Atlantiknacht

Um 2 Uhr hatten wir den Lärm der Wellen und des Starkwindes, das Gerüttel und die Nässe satt. Wir beschlossen, beizudrehen und den Morgen abzuwarten. Beiliegend schaukelte Regina zwar immer noch und wir lagen schräg in den Wellen, aber so war es markant angenehmer zu warten. Wir schalteten noch den Elektronischen Radarverstärker ein (das AIS lief ja schon) und verkrochen uns unter die Decken im Salon.
Um 6 Uhr wurde es langsam hell, aber es regnete immer noch, der Wind war immer noch über 23 kn, und die Wellen sogar höher als vorher. Immerhin konnten wir beide richtig ausruhen. Nach dem Frühstück und der Diskussion «wie weiter?» bestellte Toni bei Wetterwelt übers Iridium einen Wetterbericht und Beratung und lud vom Mailasail-Server eine grib-Datei aus unserer Umgebung herunter. Bereits mit den grib-Daten wurde ersichtlich, dass im Süden nicht nur das Tief lauerte, in dem wir steckten, sondern später der Rückweg nach Norden uns starken Nordwind bescheren würde. Mit der Flucht nach Norden zum Hoch hinauf hätten wir ruhigeres Wasser, im Extremfall keinen Wind. So segelten wir nach Norden, unabhängig von der Beratung, die noch nicht angekommen war.
So gut es ging, suchten wir das optimale Gleichgewicht zwischen Geschwindigkeit, Wellenreiterei und dem Kurs, es war aber immer noch sehr anstrengend. Auf dem Plotter sahen wir das AIS-Signal eines Frachters, der unsere Spur vom Beiliegen kreuzte. Da hofften wir schon, dass unser Radarverstärker auch funktionierte (unser Radarecho wird damit so verstärkt, dass es auf dem Radar des Frachters wie eben auch ein Frachter aussieht und er so ausweichen kann, auf dem AIS sind dann noch weitere Daten sichtbar).
Um 11 Uhr erhielten wir den Bericht, und auch der Meteorologe empfahl uns nach Norden auszuweichen, wir erhielten zusätzlich noch viel mehr Daten für unterwegs bis zur voraussichtlichen Ankunft am Montag bei den Azoren (Streckenwetterbericht).
Ganz langsam wurde der Wind sanfter, die Wellen weniger hoch, es hörte auf zu regnen, und am Nachmittag hatten wir sogar blauen Himmel und eine wärmende Sonne. Nur der Kurs stimmte noch nicht ganz, wir fuhren noch nach NW, aber mit jedem Logeintrag stellten wir fest, dass der Wind wieder ein paar Grade nach Osten gedreht hatte.
Mit gemütlichen 4 bf, allerdings immer noch recht hohen Wellen, ging es in die Nacht, jetzt ziemlich genau mit Nordkurs.


Tonis Schlaf in der Backbord-Salon-Koje mit Lee-Segel, damit man bei Welle nicht rauskippt

auf See - auf See, sm.

Wetter: ENE 3, später ESE 3, sonnig und sehr kühl.

100sm Umweg nach Norden

Nun, genau Nordkurs war es nicht, wir fuhren in der Nacht nach NNW. Erst tagsüber drehte der Wind langsam nach NE und ENE, allerdings war der Wind schwach und wir kamen nur langsam vorwärts. Aber immerhin, die Wellen beruhigten sich sehr. Erst am Nachmittag drehte dann der Wind weiter nach E und ESE, und langsam segelten wir etwas näher zu unserem Ziel zu. Mittlerweile waren wir sogar nördlicher als die Azoren selber, aber voraussichtlich haben wir morgen Südwind und später wieder Westwind, deshalb kümmert uns das nicht besonders.
Die Sonne schien, es war aber kalt (am Morgen hatte es gar im Schiff nur 16°C). Wir liessen den Wassermacher laufen, dazu den Motor, so hatten wir den Strom dazu, und Warmwasser für eine Dusche.


Ein Bild eines anderen Tages: langweilig grau und wellig, kommt leider auch häufig vor auf dieser Atlantikpassage 2017

auf See - auf See, sm.

Wetter: ESE4, später SE und S 6, zuerst bewölkt, später Regen und 7er Böen.

6 Beaufort am Wind mit Regen

In der Nacht kamen wir immer nördlicher, der Wind wollte einfach nicht drehen. Und zwischendurch gab es grosse Wellen, dass man fast aus der Koje fiel. Mit Tagesanbruch bestellten wir einen aktuellen Wetterbericht, so um 11 Uhr war er dann auch da:
Heute und in der Nacht werden wir zwischen einem Hoch (über den Azoren) und einem Tief hinter uns eingeklemmt und mit einer Warmfront beglückt. Ab Samstag dreht der Wind dann nach SW für freie Fahrt bis zu den Azoren.
Der Wind wurde immer intensiver, am Schluss hatten wir 25 kn (6bf), und das von SE, also hart am Wind für uns, also sehr hart für uns, dazu regnete es und die Sichtweite betrug etwa 1 Meile. Erst gegen Abend drehte der Wind gegen S und reduzierte sich auf 5bf, es wurde also segelbarer. Tüchtig gerefft und bereit auch für Böen verbrachten wir die Zeit, abwechselnd liegend und wachend. Nach dem heute einfachen Znacht begannen wir den normalen Wachtplan, allerdings bereit für sofort-Hilfe, falls nötig.
Was ist ein einfacher Znacht? Nun, wir haben seit einem Jahr zwei Gläser Fertigtomatensosse an Bord, für Situationen, wo das Kochen schwierig wird. Bei 6-7 bf mit schrecklichen Wellen hatten wir so eine. Also gab es Hörnli, die mit wenig Wasser kurz aufgekocht wurden, die dann in 6 Minuten das Wasser aufsogen und die Tomatensosse wurde mit Zwiebeln, Knoblauch und wenig Zucchetti verbessert. Dazu natürlich Reibkäse. Quicksoup hätten wir natürlich auch noch, bis jetzt aber noch nicht gebraucht.
Ein Frachter, der von hinten kam, wurde von mir angefunkt, ob er unser Radar sehen würde. Kurz zuvor hatte ich den Radarverstärker eingeschaltet. So sah er uns, unser AIS konnte er allerdings von 5 sm Distanz anscheinend nicht sehen. Wir sahen ihn aber auf dem AIS seit etwa 9 sm Distanz.
Hier hat es verständlicherweise kein Bild vom aktuellen Tag, deshalb ein anderes von früher.


Auch ein typisches Bild auf der Atlantikpassage: sonnig und flacher Horizont, der Windpilot macht seine Arbeit

auf See - auf See, sm.

Wetter: S5, tagsüber SW4-5, bedeckt, aber trocken.

Frisches Gemüse aufgebraucht

Die Nacht war sehr passabel, wir konnten uns beide gut erholen. Sowohl der Wind als auch die Wellen hatten nachgelassen auf ein angenehmes Niveau.
Mit dem Wache-/Schlafrhythmus sieht man sich fast nie, ausser zum Essen. Aber es war ein ereignisloser Tag, mit Ausnahme, dass wir sehr gut nach Osten vorankamen. Der Wind wehte beständig von SW oder WSW mit 4 bf, manchmal etwas mehr, und die Wellen führten zu einem angenehmen Schaukeln, der Himmel war bedeckt, aber die Sonne drückte etwas hindurch. Delphine besuchten uns zwischendurch. Ja, und es ist auch nicht mehr so kalt, immerhin schon 18°C, und die Sonne wärmte zusätzlich etwas.
Irgendwann auf dieser Passage hatten wir auch unsere 10000ste Seemeile unserer Reise überschritten. Und es segelt immer noch weiter.
Die Vorräte schwinden, der Kühlschrank ist schon ziemlich leer. Trotzdem zauberte Elisabeth wieder ein spezielles Nachtessen herbei: eine Quiche aus dem Backofen, dazu wieder frische Brötchen für morgen zum Frühstück. Aber heute war definitiv fertig mit frischem Salat, das letzte Rüebli war vertilgt.


Mit dem Gennaker unterwegs, aber nur tagsüber. Nachts wollen wir keine Gennaker-Manöver durchführen müssen

auf See - auf See, sm.

Wetter: WSW3, manchmal 4, trocken, manchmal bedeckt, häufig klar und sonnig.

Mitten im flauen Azorenhoch

Der Wind flaute immer mehr, und mit Vorwind segelt es nicht. Aber heute versuchten wir es wieder einmal mit dem Gennaker, und das ging recht gut. Mit 11-14 kn Raumwind kamen wir gut 6.5 kn schnell vorwärts. Aber leider wollte der Wind noch mehr abflauen, am Schluss hatten wir noch 8 kn. Wir waren jetzt im bekannten Azorenhoch, der Luftdruck war um 1029mbar, der Himmel meist bedeckt, zwischendurch gab es mal einige Sonnenstrahlen, aber sehr wenig Wind, auch wenig hohe Wellen.
Wir schauten nochmals unsere notwendige Fahrt an. Wenn wir noch am Montag bei Tageslicht ankommen wollen, müssen wir 5.5 bis 6 kn schnell fahren. Das schaffen wir, wenn wir bei genügend Wind gennakern, und bei wenig Wind mit Motorunterstützung segeln. So kamen wir auch in den Genuss der Wasserproduktion. Und so ging es nun weiter. So viele Gennakermanöver an einem Tag haben wir noch nie gemacht.
Und sonst noch? Ja, schlafen, essen, lesen, stricken, Delphinen zuschauen.
Mit dem Wachwechsel um 22 Uhr nahmen wir den Gennaker runter (obwohl es noch genügend Wind gehabt hätte, aber in der Dunkelheit allfällige Gennakermanöver zu machen, da graust es uns davor) und fuhren in der Nacht mit Segel und Motor. Zu Beginn hatten wir schönen Mondschein, später beleuchtete der ¾-Mond nur noch die Wolkendecke von oben, alles war in vielen grau-dunkelgrau-schwarz Tönen getüncht.


Abendstimmung, Blick nach achtern zum arbeitenden Windfahnenpilot

auf See - auf See, sm.

Wetter: Westliche Winde um 3, schön.

Doch nicht Flores

Eigentlich wollten wir ja die wunderschöne Insel Flores anlaufen. Aber nachdem wir den aktuellen Wetterbericht erhalten hatten, wurde umentschieden. Wir werden weitersegeln, es gibt nochmals eine Nacht auf See, auf eine mehr kommt es ja auch nicht mehr an. Denn es kommt ein Tief mit Sturm, und bis nächste Woche in dem kleinen Hafen festsitzen - und ob es überhaupt Platz hat, wissen wir nicht - ist wohl nicht so lustig.
Schade! So wurde wieder der Gennaker gesetzt und es geht weiter.
Der Kühlschrank ist praktisch leer. Aber so schlimm wie bei W. Erdmans «Allein gegen den Wind» ist es auf der Regina noch nicht. Das Essen muss nicht rationiert werden, denn in der Bilge sind noch genug Konserven.
Die Sonne drückte gegen Mittag durch die dünne Wolkendecke und es war unter der Sprayhood im Windschatten angenehm warm. Und mehrere Male hatten wir Delphine ums Boot, und wir konnten Wale sichten.


Hafeneinfahrt Horta, Azoren: Wir sind nach der langen Reise wieder in Europa

auf See - Horta, Azoren, sm.

Wetter: SW3, meist sonnig, manchmal bedeckt.

Angekommen und geschafft

Wir segelten die Nacht und den ganzen Tag unter Genua und Grosssegel, mit 6 Knoten, mit Wind aus SW 8-11 kn, allerdings noch etwas Motor zur Unterstützung und um wirklich nicht unter 6 Knoten zu sein. Die Wellen waren nur noch sanft. Und wir wollten nur noch ankommen. Wir hatten immer wieder Besuch von Delphinen und auch Wale zeigten sich mehrmals, zum Glück in respektvoller Distanz. Sehr eindrücklich. Einer war sicher länger als Regina.
Um 14 Uhr waren wir in Horta an der Tankstelle, die zugleich der Meldesteg ist. 237 Liter Diesel hatten wir verbraucht in etwa 86 Stunden Motorbetrieb!! Die Anmeldung und das Einklarieren waren speditiv und alle waren sehr freundlich. Allerdings mussten wir uns im Büro tatsächlich festhalten, so schwankte es uns, nach 18 Tagen auf See. Uns wurde der 3. Platz im Päckchen zugewiesen. Alle halfen. Aber das Nachbarschiff, «Flying Chaos» ein Franzose, war kleiner und leichter als wir. So konnten wir, nach Nachfrage im Hafenbüro, zum nächsten Päckchen wechselt. An der Mole lag «Diana», die wir schon von den BVI kannten, dann kam eine schwedische HR «Tacoma», gleich gross und schwer wie wir, und wir liegen aussen, und müssen, wenn wir an Land wollen, über zwei Boote steigen, dafür sind wir bereits am richtigen Ort für das Schwerwetter, das am Donnerstag und Freitag kommen wird.
Es reichte noch für einen kleinen Spaziergang durchs Städtchen und um das Nötigste einzukaufen.
Wir haben es und sind geschafft!!


 


Zu den Etappen der Abschnitte Atlantikküste 2016, Atlantikpassagen 2016, Karibik 2017, Atlantikpassagen 2017, Atlantikküste 2017.

 

Das ist der Text in der Fusszeile.